Betrachten wir die Elternschaft als Reise, so begehen immer
mehr Eltern diese im Namen des Attachment Parenting. Der Weg soll beziehungs-
und bedürfnisorientiert gestaltet werden und das Ziel sind sicher gebundene und
zufriedene Kinder, die sich auf jeder Station der Reise geliebt und geborgen
fühlen.
Reiseliteratur gibts jede Menge. Neben William und Martha
Sears, den Begründern des Attachment Parenting, bin ich persönlich Fan von Susanne
Mierau, Nora Imlau, Herbert Renz-Polster sowie Julia Dibbern und Nicola
Schmidt. Auch die neuen Medien bieten mit tollen Blogs wie etwa „Das gewünschteste
Wunschkind aller Zeiten“, diversen Foren und Facebookgruppen schier unendliche
Möglichkeiten.
Nun gut, wir sind also bestens eingelesen und kurz bevor die
Reise losgeht, wird gepackt. Manchmal macht es fast den Anschein, wir würden
jede Menge Dinge unbedingt benötigen im Attachment-Parenting-Rucksack:
Tragetücher in wunderschönen Designs und modernste Tragehilfen, maßgetischlerte
Familienbetten, nachhaltig produzierte Bio-Babykleidung, ausgeklügelte
Stoffwindelsysteme und pädagisch wertvolle Spielsachen. Diese Dinge sind toll,
keine Frage – aber unbedingt nötig sind sie nicht, um einen beziehungs- und
bedürfnisorientierten Weg zu gehen. Wichtig ist die Grundhaltung, die
Einstellung dem Kind gegenüber. Die Wege aber sind vielfältig und es gibt nicht
den einen, den richtigen Weg.
Idealerweise startet die Reise mit einer natürlichen Geburt,
aber leider ist das nicht immer möglich. Kaiserschnittkinder haben vielleicht
einen etwas schwierigeren Start, aber über die weitere Entwicklung der
Eltern-Kind-Beziehung sagt die Form der Geburt nicht viel aus. Ähnlich verhält
es sich mit der nächsten Reiseetappe, dem Stillen. Ohne Frage ist Muttermilch
die beste Ernährung für Babys und Stillen fördert die Bindung. Aber aus eigener
Erfahrung weiß ich, dass es auch anders geht. Leider konnte ich trotz größten
Bemühungen den Sohnemann nicht lange stillen und das hat mir sehr stark
zugesetzt. In emotionalen Momenten fühlte ich mich wie eine Versagerin, die ihr
Kind nicht ernähren kann und ihm so etwas Essentielles vorenthalten muss. Im
Laufe der Zeit habe ich mich damit versöhnt, wir haben sehr viel getragen und
kuschelnd PRE nach Bedarf gefüttert. Soweit ich das als Mama beurteilen kann,
haben wir eine sehr gute Bindung – nicht anders als meine Tochter und ich, die
ich nach wie vor stille. Und dann gehts weiter Richtung Familienbett. Ich
persönlich liebe es, finde es einfach auch unglaublich praktisch und unsere
Kinder schlafen deutlich besser, wenn wir neben ihnen liegen. Aber wenn Mama
und Papa die ganze Nacht kein Auge zu machen können und auch die Zwerge immer
wieder wach werden, spricht doch auch nichts gegen Kinderbetten oder –zimmer, sofern
das Einschlafen liebevoll begleitet wird und die Kinder sich nicht in den
Schlaf weinen müssen. Um nochmal beim Bild der Reise zu bleiben: Das bevorzugte
Verkehrsmittel für Babys und Kleinkinder ist das Tragetuch, aber natürlich lässt
sich die Strecke auch im Kinderwagen gut bewältigen. Viele bedürfnisorientierte
Eltern tragen gern und viel im Tragetuch und auch mein Mann und ich hätten es
niemals missen wollen. All die Gründe, warum ich meine Kinder trage, könnt ihr in
meiner Liebeserklärung ans Tragetuch hier noch mal nachlesen. Aber es gibt
Babys, die sich absolut wohl und geborgen fühlen im Kinderwagen und oft ist es
auch nützlich, Tuch und Wagen parallel und im Wechsel zu nutzen. Wie gesagt,
viele Wege führen zum Attachment Parenting <3.
Was ist denn aber nun wirklich essentiell? Was muss in den
Rucksack? Wie das Wort „bedürfnisorientiert“ schon sagt, geht es darum, die
Bedürfnisse der Familienmitglieder so feinfühlig und gut wie möglich zu erfüllen.
Da heißt es oft abwägen, welches Bedürfnis wichtiger oder dringender ist, aber
meiner Meinung nach gehen jene von Babies und kleinen Kindern meistens vor. Ich
als Erwachsene kann meine Bedürfnisse reflektierter betrachten und auch mal
aufschieben. Mit ins Reisegepäck muss ein wertschätzender und liebevoller
Umgang mit den Kindern auf Augenhöhe, viel Nähe und Zuwendung. Auf physische
und psychische Gewalt wird verzichtet.
Und wie das so ist auf Reisen – ab und zu ist all das
gewaltig anstrengend. Ich habe hier schon mal über unsere sehr anstrengenden
Phasen geschrieben und die gibt es immer wieder mal. Das ist okay so und Mamasein
ist nun mal mein Job. Auch andere Jobs sind mal mühsam und stressig, es kommen
wieder andere Zeiten. Dennoch lebe ich das Leben mit unseren Kindern aus voller
Überzeugung so, ich entscheide mich bewusst Tag für Tag dafür, dass sie durch
unsere gute Beziehung und Bindung den bestmöglichen Start ins Leben erfahren
dürfen. Sollte ich irgendwann derart an meine Grenzen kommen, dass eine
Weiterreise nicht mehr möglich ist, muss ich die Route ändern. Bis dahin
versuche ich, jeden Tag der Reise zu genießen, ganz getreu dem abgedroschenen
Motto „Der Weg ist das Ziel“.
:-)
AntwortenLöschen