Wenn mich
jemand fragen würde, was man – abgesehen von Kleidung – für ein Baby wirklich
braucht, wäre meine Antwort ganz klar: ein Tragetuch oder eine gute Tragehilfe.
Weder der Große noch die Kleine haben bisher annähernd so viel Zeit im Kinderwagen
oder im Gitterbett verbracht wie im Tuch. Die Vorteile fürs Kind wie
Hüftreifung oder Förderung des Gleichgewichtssinns sind vielfältig und dazu
werde ich auch noch einmal einen Gastbeitrag einer befreundeten Trageberaterin
veröffentlichen.
Meine ganz
persönlichen Gründe, warum ich unsere Kinder trage, möchte ich euch heute
erzählen.
Meine Mama
hat mich auch schon im Tragetuch getragen, als ich ein Baby war. Anfang der
Achtzigerjahre war das hier am Land wirklich revolutionär und ich bewundere
meine Eltern dafür, dass ihnen die Blicke und Kommentare der Leute egal waren. Zwar
kann ich mich nicht bewusst daran erinnern, aber es gibt tolle Fotos und ich
verbinde ein sehr schönes Gefühl damit. Auch bei meinen jüngeren Geschwistern
war das Tragetuch im Dauereinsatz, so bin ich damit aufgewachsen und es war mir
immer klar, dass ich meine Kinder tragen möchte. Im Übrigen ist aus unserer
Tragemama eine Trageoma geworden, sie hat sich extra noch ein neues Tuch für
die Enkelkinder gekauft und auch der Opa hat den Sohnemann schon in der
Tragehilfe gehabt. Toll, oder?
Es soll sie
ja geben: Die Kinder, die man ins Bett legt, gute Nacht sagt und dann schlafen
sie. Unsere zwei gehören definitiv nicht zu dieser Spezies. So hat sich schon
beim Sohnemann relativ schnell das Einschlaftragen etabliert. Mit dem Tuch geht
das am einfachsten und kraftsparendsten und zudem an jedem Ort. So schlief der
Große zwar nie in seinem Bett ein, dafür aber in jedem Raum des Hauses, im
Garten, beim Spaziergang, bei Besuchen, am Badeplatz und während dem Hausbau sogar
auf der Baustelle. Beim Töchterlein ist es nun ähnlich. In der wöchentlichen
Spielgruppe geht’s oft ganz schön rund, doch sobald ich sie ins Tuch setze,
hält sie problemlos trotz Trubel ein kurzes Vormittagsschläfchen. Im Übrigen
klappt das Ablegen aus Tuch oder Tragehilfe ins Bett am besten, wenn ich sie auf
den Bauch lege. So schläft sie problemlos weiter – meist nicht sehr lange, aber
das ist eine andere Sache ;-).
Unsere
Stillgeschichte ist keine einfache. Möglicherweise aufgrund meiner
Schilddrüsenerkrankung hatte ich zwei Mal Schwierigkeiten mit der Milchmenge.
Den Sohnemann habe ich leider nur sehr kurz gestillt und das Töchterlein
und ich mussten auch anfangs ziemlich kämpfen. Nach einigen Wochen machte uns
ein Stillstreik zu schaffen und ich glaub, ohne Tragehilfe hätten wir den nicht
überstanden. Wir übten uns darin, beim Tragen zu stillen und zum Glück klappte
das. Inzwischen geht es uns stilltechnisch wirklich gut, aber wenn rundherum
viel los ist und mein neugieriges Mäuschen trotz Hunger keine Zeit zum Trinken
hat, setze ich sie in die Tragehilfe und sie trinkt problemlos. Das hat mir
schon den einen oder anderen verwunderten Blick beschert, was mir aber herzlich
egal ist <3.
Eigentlich
gehört ein Tragetuch in jede Hausapotheke. Bei uns hilft es bei Bauchweh, beim
Zahnen, bei Fieber (in der Wohnung ohne Kleidung tragen, dann reguliert die
Körpertemperatur der Mama die des Babys!), bei allgemeinem Unwohlsein oder
Angst. Unser Töchterlein hat anfangs sehr viel geweint, gerade abends. Manchmal
hat sie sich auch im Tuch nicht beruhigt, aber es war sehr viel besser und ich
hatte das Gefühl, dass ihr die Enge und der Körperkontakt dennoch Sicherheit
gibt.
Meine Kinder
sind beide noch sehr klein und gerade dieser geringe Altersabstand ist im
Alltag nicht immer ganz easy. Das Tragetuch erleichtert hier wirklich viel.
Inzwischen trage ich die Kleine viel am Rücken. Sie bekommt ihr Bedürfnis nach
Nähe und Körperkontakt erfüllt, ist überall dabei und ich habe die Hände frei
für gemeinsame Aktivitäten mit dem Sohnemann. Wenn es hart auf hart kommt, trage
ich auch mal beide Kinder gleichzeitig, eines vorne, eines hinten – sogenanntes
Tandemtragen. Das ist bestimmt nicht besonders gut für Rücken und Beckenboden,
aber für kurze Zeit manchmal die letzte Rettung, wenn die Mäuse krank sind,
nicht schlafen können oder mit irgendetwas überfordert sind.
Dank
Tragetuch kann ich wirklich coole Sachen. Zum Beispiel gleichzeitig stillen und
Geschirrspüler ausräumen. Echt, das mache ich oft! Geht wunderbar ;-).
Jetzt im
Winter ist es einfach super, dass ich das Töchterlein nicht groß anziehen muss –
unter dem Trageeinsatz meiner Jacke ist sie super geschützt. Da ich keinen
Kinderwagen brauche (den die kleine Lady sowieso nicht wirklich mag), sind mir
auch schneebedeckte Straßen egal.
Vor allem
aber ist es einfach wunderschön. Bestimmt fürs Kind, aber insbesondere auch für
den Tragenden. Ich liebe es, wenn sich ein warmes Bündel an mich anschmiegt und
kurze Zeit später die Augen schließt, ruhig atmet und so nah an mir dran ist,
wie es nur geht <3. Unvergleichlich.
Und nicht
zuletzt gibt es so wunderschöne Tücher und Tragehilfen, dass ich am liebsten
ganz viele davon hätte. Ich bin wirklich gut versorgt mit langem Tuch,
Ringsling, Mysol, FlyTai und Bondolino (teils geborgt), aber gefallen würden
mir durchaus noch ein paar Exemplare. Nur würde mich dann mein Mann – der unsere
Kinder übrigens ebenfalls trägt – wohl für verrückt erklären...
Ich würde
mich sehr über Kommentare von euch freuen – warum tragt ihr? Was ist das
Besondere, das Tolle daran?
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